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Surface Pro 4: Core i5 und Core M im Review

Dem Type Cover und dem Stift des neuen Surface Pro 4 haben wir uns in eigenen, ausführlichen Reviews bereits gewidmet. Nun wird es natürlich Zeit, auch den eigentlichen Hauptdarsteller unter die Lupe zu nehmen. Ich habe in den letzten zehn Tagen sowohl das Modell mit Core i5 als auch jenes mit Core M CPU ausführlich genutzt. Die Core M Version war vorab mein Favorit, weil ich optimistisch war, dass sie für meine Zwecke genügend Leistung bietet, mich von nervenden Lüftergeräuschen verschont und auch länger durchhält, bis sie wieder an die Steckdose muss.

Ich weiß nun nicht genau, von welcher Seite ich es angehen soll. Fange ich mit dem Positiven oder mit dem Negativen an? Ich versuche es mit einem Satz: Das Surface Pro 4 ist ein wirklich feines Stück Hardware, trotzdem bekommt es von mir nach heutigem Stand keine uneingeschränkte Kaufempfehlung.

Und weil es Euch sicher am meisten interessiert, warum das so ist, fange ich dann doch mit den beiden Kritikpunkten an, die dafür verantwortlich sind.

Software/Firmware unausgereift
Die Firmware und die Treiberqualität muss man beim Surface Pro 4 ganz klar als mangelhaft bezeichnen. Die WLAN Verbindung geht immer wieder verloren, der Anzeigetreiber stürzt bei gewöhnlicher Office-Tätigkeit mindestens einmal pro Stunde ab. Beim Aufwecken aus dem Standby wird das Type Cover immer mal wieder nicht erkannt, manchmal wacht auch das Display nicht mehr auf und man muss das Gerät durch einen längeren Druck auf die Powertaste komplett ausschalten. Und last but not least kommt das Surface Pro 4 mit einem unausgereiften SSD-Treiber, der das ansonsten pfeilschnelle Samsung Laufwerk ausbremst.

“Auf einem Haufen” liest sich das zwar schlimmer, als es in der Praxis ist, aber es nervt einfach. Alle diese Probleme lassen sich durch entsprechende Updates aus der Welt schaffen, insofern sind sie keine echten K.O. Kriterien. Man muss lediglich Vertrauen haben, dass Microsoft diese Fehler auch wirklich alle beseitigt.

(Ich gehe an dieser Stelle nicht auf das “Fiepen” ein, welches besonders beim Core M Modell aufzutreten scheint, weil es bei meinem Gerät nicht auftritt oder es außerhalb meines Hörbereichs liegt).

Akkulaufzeit enttäuschend
Microsoft gibt für das Surface Pro 4 eine Akkulaufzeit von bis zu neun Stunden an. In den bisherigen Testberichten war durchschnittlich von rund sechs Stunden die Rede. Das wäre für mich in Ordnung gewesen, ich komme allerdings nicht deutlich über vier Stunden hinaus.

Ich schneide keine Videos und übe auch ansonsten keine rechenintensiven Tätigkeiten aus. Meine Arbeit am Surface Pro 4 besteht zu 95 Prozent aus Surfen, Office, Mail und hier und da einfache Bildbearbeitung wie das Zurechtschneiden und Illustrieren eines Screenshots. Und vermutlich tippe ich sehr viel mehr als der Durchschnittsbenutzer.
In diesem Szenario hielt das Surface Pro 3 mit i7 CPU bei mir viereinhalb bis fünf Stunden durch, was gerade noch so in Ordnung war. Mit dem Core i5 beim Surface Pro 4 schaffe ich nicht ganz vier Stunden, mit dem Core M Modell knapp über vier. Das ist einfach zu wenig und liegt unterhalb meiner Toleranzgrenze. Ich denke auch nicht, dass sich da durch künftige Optimierungen mehr heraus holen lässt, die gegenüber dem Surface Pro 3 reduzierte Laufzeit scheint schlicht und einfach dem verkleinerten Akku geschuldet.

Die hohe Entladung im Standby, von der man vielerorts lesen konnte, trat bei mir nicht auf. Über den Daumen verloren beide Geräte im Standby je Stunde etwa ein Prozent.

Um den Bereich der Kritik abzuschließen: Wäre ich nicht sozusagen beruflich dazu gezwungen, ein Surface Pro 4 zu besitzen, hätte ich beide Modelle zurück gegeben. Das Core M Modell werde ich behalten und darauf hoffen, dass Microsoft mit den entsprechenden Updates dafür sorgt, dass mir die wirklich feine Hardware uneingeschränkt Freude macht.

Und zu dieser kommen wir jetzt.

Hardware auf Top-Niveau
Es ist keineswegs selbstverständlich, dass die neue Generation eines Flaggschiff-Geräts qualitätsmäßig an den Vorgänger anknüpft, beim Surface Pro 4 ist jede Sorge in dieser Richtung aber glücklicherweise unbegründet. Es ist und bleibt durch und durch Premium. Das VaporMg Gehäuse fasst sich nach wie vor unverschämt sexy an, es gibt keinerlei Verarbeitungsmängel und obwohl das Pro 4 nur unwesentlich dünner geworden ist, fühlt man den Unterschied deutlich. Der frei einstellbare Kickstand entspricht dem Pro 3 – mit dem Unterschied, dass er jetzt unkaputtbar ist. Bei zu starkem Druck über den definierten Endpunkt hinaus hängt sich das Scharnier einfach aus und renkt sich beim Zurückklappen wieder ein (ausprobieren müsst Ihr das trotzdem nicht ohne Not).

Das Display: Gewohnt brillant und noch einen Tick besser
Gegenüber dem Surface Pro 3 (2160 x 1440) ist die Auflösung auf 2736 x 1824 Pixel gewachsen, außerdem ist das Display des Surface Pro 4 um 0,3 Zoll größer, am Seitenverhältnis von 3:2 hat Microsoft nichts geändert. War es beim Vorgänger schon absolut brillant, legt das Surface Pro 4 noch eine Schippe drauf. Leider spiegelt es auch nach wie vor sehr stark, dieses Problem teilt sich das Surface Pro 4 aber mit sehr vielen Geräten.

Die höhere Auflösung macht sich indessen nicht nur bei Bildern, sondern auch und gerade bei der Textdarstellung äußerst positiv bemerkbar.

Dass sich das Displayglas vergleichsweise leicht eindrücken lässt, ist der Stifteingabe geschuldet und allenfalls ein kosmetischer Mangel. Mich persönlich stört das nicht im Geringsten.

Der Sound: hört, hört!
Der Sound war bei allen bisherigen Surface Modellen ein ganz klarer Schwachpunkt. Natürlich wird aus einem nicht mal ein Zentimeter dünnen Tablet niemals ein Bass kommen, der direkt in der Magengrube einschlägt. Dass man es aber auch ohne Resonanzkörper deutlich besser machen kann, beweist Microsoft beim Surface Pro 4. Vorbei sind die Zeiten, als man dem Surface alberne Öhrchen ankleben musste, um einen guten Sound zu haben. Den gibt es jetzt auch ohne Zubehör.

Der Lüfter
Das Surface Pro 3 hatte Microsoft im Vorfeld als quasi lüfterlos angepriesen, in der Praxis wurden die Nutzer dann von dem zischenden Lüftergeräusch ziemlich genervt, vor allen Dingen auch deshalb, weil der Lüfter immer wieder ohne erkennbaren Grund voll aufdrehte.

Das war für mich der Grund, weshalb ich sofort auf das Core M Modell geschielt habe. Der beste Lüfter ist nämlich der, der gar nicht erst verbaut ist. Mit dem Core M arbeitet man vollkommen geräuschlos, auf der Rückseite des Geräts ist dafür eine deutlich höhere Temperatur fühlbar. Dies bemerkt man aber nur im Tablet Betrieb, ansonsten kommt man mit der Rückseite ja nicht in Kontakt.

Beim Surface Pro 4 mit Core i5 CPU tritt der Lüfter nun gefühlt weniger als halb so oft in Aktion, als das noch beim Surface Pro 3 der Fall gewesen ist. Dieser Nerv-Faktor ist also weitgehend beseitigt worden. Gleichwohl muss man sagen: Wenn der Lüfter denn mal los legt, dann macht er genau die selben Geräusche wie auch beim Vorgänger.

Als ich das i5 Modell über das neue Surface Dock mit zwei externen 4k Monitoren verbunden habe, lief der Lüfter allerdings permanent auf vollen Touren.

Performance
Wer an dieser Stelle nun auf Vergleichstabellen von Benchmarks wartet, den muss ich gleich enttäuschen. Die Performance beurteile ich nur nach der gefühlten Arbeitsgeschwindigkeit.

Ich hatte die große Hoffnung, dass mir das Core M Modell bei meiner weiter oben beschriebenen Arbeitsweise voll und ganz ausreichen wird. Und diese Hoffnung hat sich glücklicherweise auch erfüllt. Im normalen Office-Einsatz konnte ich nicht den geringsten Unterschied zwischen Core M und Core i5 ausmachen. Browser und Office Programme wie Outlook und Excel öffnen sich zügig, es gibt auch beim schnellen Blättern durch Webseiten und Dokumente keine Hänger. Aus Performance-Sicht bin ich mit dem Core M rundum glücklich. Sobald es an rechenintensive Aufgaben geht, machen sich die Leistungsreserven des Core i5 selbstverständlich deutlich bemerkbar. Wäre ja auch schlimm, wenn nicht.

Das Beste zum Schluss: Windows Hello
Noch bevor ich Windows Hello zum ersten Mal ausprobiert habe wusste ich, dass es mich begeistern wird. Vorausgesetzt, es funktioniert wie angepriesen. Das tat es erst mal nicht, denn Windows Hello war überhaupt nicht verfügbar. Erst das angebotene Firmware Update machte die entsprechende Einstellung sichtbar. Dann aber funktionierte der Login per Gesichtserkennung im wahrsten Sinne des Wortes schneller, als ich gucken konnte. Man muss nicht angespannt in die Kamera starren, Windows Hello meldet mich an, wenn ich in normaler Haltung vor dem Gerät sitze. So wie ich es auch tue, während ich normalerweise darauf warte, mein Passwort eingeben zu dürfen. Man gewöhnt sich daran so unglaublich schnell, dass man schon bald vor einem PC ohne Windows Hello sitzt und sich fragt, warum da eigentlich nichts passiert.

Type Cover und Stift
Das Type Cover und den neuen Surface Pen habe ich in Einzeltests ausführlich unter die Lupe genommen. Bei Interesse bitte den Links folgen. Wer mit der Kurzform zufrieden ist, dem sei gesagt: Beide Komponenten haben sich weiter entwickelt.

Das Fazit
Wer zuversichtlich ist, dass Microsoft die softwareseitigen Kinderkrankheiten beseitigt und wer sich an der für mich persönlich zu kurzen Akkulaufzeit nicht stört, der macht mit dem Surface Pro 4 keinen Fehler. Natürlich ruft Microsoft dafür nach wie vor Premium-Preise auf, dafür bekommt man aber auch kompromisslose Premium-Qualität bei der Hardware.

Das Core M Modell ist erste Wahl, wenn man in erster Linie eine “Reiseschreibmaschine” benötigt, also ein mobiles Arbeitsgerät, mit dem man Alltagsaufgaben problemlos erledigen kann. Schade, dass es diese Variante nur mit 128 GB Speicher gibt, allerdings kann man diesen problemlos per SD Karte aufrüsten.

Braucht man mehr Leistung, greift man zur i5 Variante oder ab Dezember zum Topmodell mit i7 CPU, muss dafür aber im Gegenzug weiter mit Lüftergeräuschen leben.

In den kommenden Tagen gibt es dann noch einen Test zum neuen Surface Dock.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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