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Codename Lite und die Frage: Kann Microsoft „einfach“?

Codename Lite und die Frage: Kann Microsoft "einfach"?

Im Dezember haben wir zum ersten Mal von einem neuen Betriebssystem von Microsoft gehört, welches unter dem Codenamen „Product Lite“ entwickelt wird. Obwohl noch nichts offiziell ist und die verfügbaren Infos ziemlich vage sind, war ich sofort Feuer und Flamme, denn hinter Lite scheint genau das zu stecken, was ich mir seit Jahren wünsche und an dieser Stelle regelmäßig predige: Microsoft braucht, um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu sein, ein modernes Betriebssystem, das auf keinen Fall Windows heißen sollte.

Product Lite: Bringt Microsoft das Nicht-Windows, das ich mir schon lange wünsche?

Product Lite könnte genau das werden. Ein leichtgewichtiges System, das all den Windows-Ballast hinter sich lässt und nur Universal Apps und Web Apps unterstützt. Brad Sams, der den Lite-Stein ins Rollen brachte, hat nun neue Informationen nachgelegt und diese lesen sich für mich erneut sehr vielversprechend.

Frühere Versuche, Windows zu modernisieren, sind ja nicht nur daran gescheitert, dass sie ebenfalls Windows hießen, sondern auch daran, dass Microsofts Marketing versuchte, sie als echte Alternative zum guten alten Windows in Stellung zu bringen, was natürlich nur schief gehen konnte. Das Produkt Lite hingegen soll sich ganz klar von diesem klassischen Windows abgrenzen. Das ist wichtig, damit wir nicht wieder diese unsäglichen Diskussionen über ein beschnittenes oder limitiertes System führen müssen, denn Lite wird ja gar nicht für Windows-Nutzer gemacht, sondern für jene, die Windows eben nicht (mehr) nutzen wollen.

Centaurus and Pegasus heißen die beiden Geräteklassen, an die sich Lite richtet. Hinter Centaurus stecken die neuen Dual-Display-PCs, von denen wir vielleicht bald mehr sehen werden als nur Patente, hinter Pegasus steckt eine neue Generation von Laptops, die für Lite entwickelt werden.

Auch optisch soll sich Lite von Windows 10 deutlich unterscheiden. Das halte ich ebenfalls für wichtig. Je weniger es an Windows erinnert, desto besser.

Gegen wen Lite in Stellung gebracht werden soll, ist offensichtlich: Chrome OS. Ich gehe davon aus, dass Microsofts Entscheidung, Edge künftig auf Chromium basieren zu lassen, sehr eng damit zusammenhängt, weshalb ich dem neuen System schon mal scherzhaft den Fantasienamen Edge OS verpasst habe.

Eine ganz wichtige Frage, die mir in dem Zusammenhang durch den Kopf geistert, ist: Wird es Microsoft schaffen, Lite wirklich „einfach“ zu halten? Ganz oft stehen sich die Redmonder bei neuen Projekten selbst im Weg, weil sie zu kompliziert denken, zu viel auf einmal wollen. Microsoft macht es gerne umständlich und kommt daher oft nicht rechtzeitig oder gar nicht zum Abschluss. Ich sehe daher die Gefahr, dass man bei der Entwicklung von Lite nicht radikal genug sein könnte.

Brad Sams schreibt beispielsweise, es sei noch nicht entschieden, ob Win32-Applikationen unterstützt werden sollten. Ich sage: Nein, bitte nicht. Wer das will, soll Windows 10 nutzen und damit glücklich sein. Das Argument, dass ein System, welches nur Web Apps und UWPs unterstützt, nicht genug Möglichkeiten bietet, lasse ich nicht gelten – nicht im direkten Vergleich mit Chrome OS. Ja, dort gibt es Android Apps, aber ich kann aus eigener Erfahrung mit Fug und Recht sagen, dass sie nicht den Mehrwert bieten, den man sich vorstellt. UWPs dagegen, auch wenn es sie bei Weitem nicht so zahlreich gibt, funktionieren auf Laptops und auch auf kleineren Displays prima.

Ein „Product Lite“ mit einem Browser auf Chromium-Basis und UWP-Support würde ich einem Chromebook vermutlich sofort vorziehen. Dazu kommen dann unter Garantie noch diverse cloudbasierte Funktionen, mit dem Gamestreaming-Dienst xCloud hätte man beispielsweise direkt ein voll ausgestattetes Gaming Laptop in den Händen.

Wenn ich mir das gedanklich so „zusammen spinne“, kann ich es kaum erwarten, das auszuprobieren. Schade, dass es wohl noch locker ein Jahr dauern wird, bis es soweit ist. Ich bete inständig, dass Microsoft keine Kompromisse macht und den alten Kram auch wirklich rücksichtslos draußen lässt.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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