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Windows und der Digital Markets Act: Da darf man ruhig mal “Danke EU” sagen

Windows und der Digital Markets Act: Da darf man ruhig mal "Danke EU" sagen

Wenn es um die EU und ihre Regeln geht, dann sind die Diskussionen darüber oft kontrovers. Im Fall des Digital Markets Act (DMA) und seiner Auswirkungen auf Windows ist das allerdings ganz anders. Da fällt mir in Richtung der EU nämlich nur ein einziges Wort ein: Danke!

Windows gehört zu den Diensten, die von der EU als “Gatekeeper” im Sinne des DMA eingestuft wurden (wer sonst noch auf der Liste steht, ist hier nachzulesen: Die EU setzt 22 Dienste von sechs Anbietern auf ihre erste Gatekeeper-Liste). Das bedeutet: Von Windows geht die Gefahr aus, dass der freie Wettbewerb gefährdet wird, weil Microsoft auf dieser Plattform seine eigenen Produkte bevorzugen und Alternative benachteiligen könnte.

Das ist auch bereits geschehen: Mit Windows 11 hat Microsoft die freie Wahl des Standardbrowsers verkompliziert und außerdem an verschiedenen Stellen seine Internetsuche Bing so integriert, dass man nicht an ihr vorbeikommt.

Eigentlich sind das zwei wunderbare Beispiele, wenn man begründen will, warum solche Regulierungen gar nicht nötig sind, denn sowohl Edge als auch Bing sind praktisch bedeutungslos. Microsoft wird das freilich anders sehen und hoffen, dass der DMA dem Browser Chrome und der Google-Suche das Leben schwerer machen wird, die sind nämlich ebenfalls als Gatekeeper eingestuft.

Was man Microsoft zugutehalten darf: Anders als Apple, die mit ihren Anpassungen an iOS ganz offensichtlich versuchen, die EU an der Nase herumzuführen, haben die Redmonder Änderungen an Windows vorgenommen, die ihnen sicher nicht leicht gefallen sind. Edge und viele weitere integrierte Apps können deinstalliert und die Bing-Suche kann verbannt werden. Man hat sogar eine neue API integriert, über die sich andere Suchmaschinen jetzt tief im System einnisten dürfen.

Das ist aber gar nicht der Grund, warum ich der EU in Bezug auf Windows für den Digital Markets Act dankbar bin. Mir ist es egal, ob ich Edge deinstallieren kann oder nicht – wenn ich einen anderen Browser nutzen möchte, dann hindert mich nichts daran. Ein Blick auf die Statistiken zeigt, dass die meisten Leute auch schon vor dem DMA gelernt haben, wie sie ihre bevorzugten Programme und Dienste unter Windows zum Standard machen können.

Was uns in der EU künftig erspart bleibt, sind die vielen Nervereien und schmutzigen Tricks, mit denen Microsoft versucht, Windows zu missbrauchen, um uns seine Dienste aufzudrängen.

Sicher habt Ihr in den vergangenen Tagen von der Geschichte gelesen, dass Chrome-Nutzer plötzlich ein Popup zu sehen bekamen, das bei einem unachtsamen Klick die Suchmaschine Bing in Chrome zum Standard erhob.

Werbe-Popup für Bing bei der Nutzung von Google Chrome

Es wurde sich fleißig darüber empört. Grundsätzlich zu Recht, weil das unverschämt ist. In gewisser Weise ist das aber für Nutzer in der EU ein Grund zur Freude: Das sind genau die Dinge, die sich Microsoft hier nicht mehr erlauben darf, denn sonst gibt es Ärger mit der EU, und der wird bekanntermaßen gerne mal teuer.

Microsoft hat jede Scheu verloren, Privatnutzer von Windows mit seinen “gut gemeinten” Angeboten zu nerven, und genau da wirft ihnen der DMA jetzt Knüppel zwischen die Beine. Bravo! Ich hoffe, die EU lässt da nicht locker.

Wie alles im Leben hat aber auch diese Geschichte zwei Seiten. Dass der Copilot in Windows wegen des DMA erst gar nicht vorhanden sein darf, geht mir dann wieder deutlich zu weit. Er soll niemandem aufgezwungen werden, aber wer ihn nutzen will, der sollte das auch dürfen.

Über den Autor

Martin Geuß

Martin Geuß

Ich bin Martin Geuß, und wie unschwer zu erkennen ist, fühle ich mich in der Windows-Welt zu Hause. Seit mehr als 17 Jahren lasse ich die Welt an dem teilhaben, was mir zu Windows und anderen Microsoft-Produkten durch den Kopf geht, und manchmal ist das sogar interessant. Das wichtigste Motto meiner Arbeit lautet: Von mir - für Euch!

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