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Connected Roadtrip: Fords kleine Raubkatze im Alltagstest

Connected Roadtrip: Fords kleine Raubkatze im Alltagstest

Im letzten Jahr durfte ich im Sommer den vollelektrischen Ford Mustang Mach-E für Euch ausführen und checken, was das erste Großserienelektroauto von Ford auf dem Kasten hat. Nun hat mir die Europazentrale aus Köln den Puma für einen Alltagstest zur Verfügung gestellt. Perspektivisch wird der Puma den Einstieg bei Ford bilden, zumindest in Europa.

Auf Basis des aktuellen Fiesta (8. Generation) hat der amerikanische Hersteller speziell für Europa einen kleinen Crossover entwickeln lassen und bringt diesen seit 2019 auf die Straße, die Rede ist vom Puma. Um die Kosten möglichst gering zu halten, wird der Puma in Crainova, Rumänien, gebaut. Im Gegensatz zum Ecosport, der auf der siebten Generation des Fiesta aufbaut, besitzt der Puma eine moderne Antriebstechnik und mehr Platz. So erstreckt sich die Raubkatze auf knapp 4,20 Meter, während der Ecosport und der Fiesta nur knapp über 4 Meter lang sind. Im Vergleich zum Fiesta streckt sich der Puma rund 10 Zentimeter gen Himmel und kommt auf eine Höhe von 1,54 Meter. Das erfreut die Hüfte bei jedem Einsteigen, da man so mit möglichst wenig Verrenkungen ins Auto kommen kann. Zugleich steht das Fahrzeug im Gegensatz zu einem SUV nicht so steil im Wind, was Vorteile in Sachen Aerodynamik bringt.

Was bedeutet MHEV?

Der zum Test angerollte Ford Puma kombiniert einen 3-Zylinder-Benzinmotor mit einem Elektromotor und wird so zu einem Mild-Hybrid. Hierbei kann die E-Maschine ein erweitertes Start-Stop-System umsetzen, sodass etwa beim Hinrollen an eine Ampel nur der Elektromotor arbeitet und der Verbrenner stillgelegt wird. Beim starken Beschleunigen, etwa einem Kickdown, gibt der E-Motor seine Kraft zusätzlich zum Verbrennungsmotor ab und sorgt so kurzzeitig für 16 Extra-PS, die zusammen mit den 125 PS des 3-Zylinder-Turbobenziner 141 PS ergeben sowie ein Drehmoment von 210 Nm zur Verfügung stellen. Im Test zeigt sich das Zusammenspiel der beiden Motoren als problemlos. Gerade in der Stadt spielt das Mild-Hybrid-System seine Vorteile aus, da man durch die E-Motor-Unterstützung auch Rekuperation nutzen kann. Sobald man den Fuß vom Gaspedal nimmt, verzögert der Puma MHEV und speist diese kinetische Energie in den 10 Ah großen Lithium-Ionen-Akku unter dem Beifahrersitz. So lässt sich der Akku während der Fahrt aufladen und der E-Motor kann dann aktiv werden.

Zur Wahrheit gehört jedoch, dass der technologische Aufwand für ein derartiges Mild-Hybrid-System vergleichsweise hoch ausfällt. Schließlich bedarf es einer angepassten Steuerungselektronik, einem Lithium-Ionen-Akku, ein E-Motor, ein Riemenstarter-Generator (der die Lichtmaschine ersetzt) und es gibt ein spezielles 7-Gang-Doppelkupplungsautomatikgetriebe. Nicht nur die Entwicklung, auch der Bau all dieser Komponenten verschlingt Ressourcen. Immerhin ist der ökologische Fußabdruck niedriger als bei einem Plug-in-Hybrid, bei dem der Lithium-Ionen-Akku mehr Kapazität bietet und es eine Ladeeinheit benötigt.

Was bringt ein milder Hybrid?

Der ganze technologische Aufwand sollte sich schließlich lohnen, indem man einen niedrigeren Verbrauch bekommt, so das Herstellerversprechen. Im Test zeigt sich, dass der Puma MHEV mit 5,5 Liter/100 km zu bewegen ist. In der Stadt sind Verbrauchswerte von knapp fünf Litern möglich. Auf der Autobahn stehen rund 6,5 Liter/100 km auf der Tankuhr. Im Vergleich zu einem Mini Clubman, ebenfalls mit 3-Zylinder-Turbobenziner, verbraucht der Puma einen Liter weniger Sprit. Und das, obwohl der Clubman (interner Code F58) rund zehn Zentimeter niedriger ist bei vergleichbarer Außenlänge und somit theoretisch eine bessere Aerodynamik aufweisen sollte. Zwar sind die Verbrauchswerte vom Puma durchaus gut, doch ist es schade, dass man nicht vollelektrisch Fahren kann. So wird bei jeder Fahrt CO2 in die Atmosphäre verblasen. Um rein elektrisch mehrere Kilometer zurücklegen zu können, müsste der Akku mehr Kapazität bieten. Wenn das der Fall ist, genügt jedoch die Aufladung während der Fahrt nicht mehr und man muss den Akku extern an einer Ladesäule mit Strom versorgen – ein Plug-in-Hybrid eben.

Viel Auto mit Ausstattung

Der Ford Puma beerbt den Fiesta als Einstiegsfahrzeug von Ford Europe. Zum Preis von 27.400 Euro erhalten Kunden bereits eine umfangreiche Ausstattung, die etwa das Navigationssystem Ford Sync 3 inklusive Apple Carplay und Android Auto umfasst – leider nur kabelgebunden. Zudem gibt es einen 12,3-Zoll-Bildschirm hinter dem Volant. Hierbei können zwischen der Geschwindigkeit und dem Drehzahlmesser die Abbiegehinweise angezeigt werden. Clever ist, dass sogar bei Nutzung der Smartphone-Navigation von Carplay oder Android Auto die Abbiegehinweise hinter dem Lenkrad eingeblendet werden. Leider ist das Festeinbau-Navi vergleichsweise langsam und verfügt nur über einen kleinen Touchscreen. Die aktuelle Generation Sync 4 zeigt etwa im Mustang Mach-E, wie es besser geht.

Beim 32.000 Euro teuren Testwagen ist die Ausstattungslinie ST Line verbaut, die neben speziellen Rad-Reifen-Kombination auch ein Sportlenkrad, Sportsitze sowie ein Sportfahrwerk offeriert. Mit diesem Fahrwerk lässt der Puma seine Rallye-Gene aufblitzen. Schließlich liegt der Raubkatze satt auf der Straße und reicht grobe Unebenheiten an die Passagiere weiter. So ein sportliches Fahrwerk könnte auch aus einem BMW Mini stammen. Ein weiterer Bestandteil der ST Line ist die 360-Grad-Kamera, die beim Parken hilft. Hier überzeugt die vergleichsweise hohe Auflösung sowie die eingezeichneten Hilfslinien.

Ab Ende 2024/Anfang 2025 wird Ford eine neue Generation des Puma in Europa auf die Straßen rollen. Hierbei wird es sich dann um eine vollelektrische Version handeln. Offiziell ist, dass auch der Elektro-Puma in Crainova, Rumänien gefertigt wird und die Entwicklung im Electrification Center in Köln stattfindet. In diesem europäischen Entwicklungszentrum hat Ford bereits zwei Elektroautos speziell für unseren Breitengrad auf die Räder gestellt. Beide E-Autos setzen auf die MEB-Plattform von VW, die Ford unter Zahlung von Lizenzgebühren nutzen darf. Doch Ford wird auch eigene Plattformen in den USA entwickeln, die – teilweise – auch nach Europa kommen. In den USA hatte Ford im Mai 2021 zwei künftige Elektroauto-Plattformen vorgestellt. Beide Ökosysteme eint, dass Ford Flexibilität in Sachen Akku-Packs und Akkutechnologie offeriert. Der angekündigte Stellenabbau in den europäischen Entwicklungszentren betrifft die Entwicklung von Verbrennungsmotoren, da es hierbei in „sehr absehbarer Zeit“ keine Entwicklung speziell für Europa geben wird, so Diplom-Ingenieur Martin Sander, Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke GmbH.

Elektroauto-Plattformen von Ford

  • GE2: Auf Basis von GE2 können sowohl E-Autos mit Hinterrad-, als auch Allrad-Antrieb aufgebaut werden. Neben Crossovern und SUVs, etwa dem Nachfolger des Mustang Mach-E, kann die flexible GE2-Plattform Midsize-Pick-ups wie den Ranger tragen. Zudem können auf GE2 auch leichte Nutzfahrzeuge, wir der Transit und der Tourneo, aufgebaut werden. Auf dem GE2-Fundament wird Ford gemeinsam mit VW Elektroauto-Versionen vom VW Caddy und VW Amarok entwerfen, da Ford mit VW Nutzfahrzeuge kooperiert. Erste GE2-Elektroautos werden im Jahr 2024 vorgestellt.
  • TE1: Bei TE1 handelt es sich um die Elektroauto-Plattform für Transporter-Fahrzeuge mit Leiterrahmen, sogenannte Fullsize-Trucks, sowie für Fullsize-SUVs. Hierzu zählt etwa der über 5 Meter lange Nachfolger des F-150 Lightning oder auch der Lincoln Navigator. Ob Fahrzeuge auf TE1-Basis nach Europa kommen werden, ist noch offen. Ab Ende 2025 werden die ersten Modelle des Ford-Konzerns mit TE1-Plattform in den Handel kommen.
  • Speziell für Europa nutzt Ford unter Zahlung von Lizenzgebühren die MEB-Plattform von VW. Hierbei übernimmt Ford jedoch nur den Akku und den Radstand von Volkswagen, der Rest sind entweder Anpassungen wie beim E-Motor oder komplette Eigenentwicklungen etwa bei der Karosserie und große Teile des Innenraums. Die ersten zwei MEB-Modelle von Ford sind die dritte Generation des Explorer sowie eine coupehafte Version des Explorer unter dem Projekttitel Sport-Crossover. Beide E-Autos sind preislich und von der Größe her unterhalb vom Mustang Mach-E angesiedelt. Die Fahrzeugentwicklung der MEB-Autos von Ford findet im Entwicklungszentrum in Köln statt, der neue Explorer wird zudem direkt in Köln gebaut.

Laut dem Ford-CEO Jim Farley müssen sich die Kostenstruktur und die Qualität verbessern. In einem ersten Schritt wird dazu das Produktportfolio umgestellt, sodass wenig rentable Modelle nicht mehr angeboten werden. Hierzu gehört der seit Jahren mit sinkenden Verkaufszahlen kämpfende Kleinwagen Fiesta, an seine Stelle tritt der Puma. Statt auf die Mittelklasse Mondeo zu setzen, wird lieber der Explorer als Elektroauto für Familien angeboten. Damit Kunden mehr fürs Geld erhalten, Ford aber durch weniger komplexe Produktionsmethoden Geld sparen kann, gibt es mehr Serienausstattung. So gibt nur noch Pakete zu kaufen und weniger Ausstattungslinien. Fürs Infotainmentsystem wird Ford künftig mit Google zusammenarbeiten und so Android-Apps in künftigen Sync-Systemen anbieten. Um dennoch Geld zu verdienen, wird es einige Infotainment-Funktionen im Abonnements geben.

Bereits im kommenden Jahr 2024 wird der vollelektrische Puma das Angebot ergänzen. Hierbei nutzt Ford Synergien mit dem Transit Courier, den es auch als Elektro-Version gibt. Beide Modelle werden im rumänischen Werk in Crainova gefertigt. Obwohl es ab 2024 auch einen E-Puma geben wird, verkaufen Ford-Händler in Europa bis auf Weiteres auch Puma mit Verbrennungsmotor. In einem kommenden Teil werde ich mich einem Premium-Konkurrenten vom Puma widmen – dem Audi Q2.

Über den Autor

Claus Ludewig

Claus Ludewig

Ich bin mit Windows 98 aufgewachsen und habe seitdem jede Windows- und Office-Version genutzt. Zum Entspannen dient die Xbox. Neben der engen Verbundenheit zu Microsoft-Produkten, schaue ich auch gerne mal über den Tellerrand hinaus in die weite Welt. Ich interessiere mich für alles, was vier Räder hat. In diesem Sinne nehme ich Euch gerne zu einer Spritztour mit.

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