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Alltagstest: Verbrenner von Audi – Vom Quattro zum A6

Alltagstest: Verbrenner von Audi – Vom Quattro zum A6

Anfang des Jahres durfte ich für Euch Fords kleine Raubkatze Puma ausführen. Auf Basis des aktuellen Fiesta (8. Generation) hat der amerikanische Hersteller speziell für Europa einen kleinen Crossover entwickeln lassen und bringt diesen seit 2019 auf die Straße. Der kleine Crossover/SUV konnte im Alltagstest positiv überraschen und kostet in der Testwagenausstattung ST Line rund 32.000 Euro. Im gleichen Fahrzeugsegment gibt es jedoch auch Angebote von Premiummarken. So wildert der Audi Q2 um die Gunst der Käufer. Die Ingolstädter haben mir im Sommer ihren Einstiegs-Crossover vor die Tür gestellt. Nun nehme ich Euch mit auf den Connected Roadtrip, an dem auch ein Audi A6 zu Gast sein wird.

Was hat der kleinste Quattro Audi Q2 zu bieten?

Seit Herbst 2016 wird der Q2 (interne Typbezeichnung: GA) in Europa verkauft. Audi produziert den Q2 im Werk in Ingolstadt. Auf gleicher technischer Basis wie der Q2 steht auch der VW T-Cross/Taigo und der Skoda Kamiq. Wie es sich für ein Produkt der Premiummarke üblich ist, ist der Q2 die teuerste Art, einen kleinen Crossover auf MQB-Plattform zu fahren. Der Testwagen kommt auf einen Preis von knapp 50.000 Euro – für ein Auto in der Polo-Klasse wohlgemerkt und nicht mit Vollausstattung! Mit dieser Hypothek belastet, muss der kleine Ingolstädter beweisen, ob er sein Geld wert ist. Viel Geld verschlingen auf jeden Fall Design-Pakete, etwa die schwarz eingefärbten Akzente außen. Im Innenraum überzeugen die aufpreispflichtigen Sportsitze mit gutem Seitenhalt, vielfältigen Einstellmöglichkeiten samt Lordosenstütze. Auf eine verschiebbare Rücksitzbank, wie sie der günstigere Bruder VW T-Cross bietet, müssen Audi-Fahrer verzichten. Am Lenkrad sowie der Türtafel und dem Armaturenbrett zeigt sich jedoch, dass Audi nicht überall hochwertig anmutende Kunststoffe einsetzt. Zwar wirkt es ansprechender als im T-Cross, aber für 50.000 Euro hätte man im sichtbaren Bereich überall edle Materialien erwartet, so das Urteil von Mitfahrern.

Audi A6: Business-Gleiter kurz vor der Rente

Neben dem rund 4,20 m kurzen und knapp 1,55 m hohen Q2 durfte ich auch den aktuellen A6 (interne Typbezeichnung: C8) fahren, der seit 2018 auf den Straßen unterwegs ist. Bei den Verkaufszahlen liegt die 4,94 m lange Limousine jedoch hinter den direkten Konkurrenten BMW 5er und Mercedes-Benz E-Klasse. Im Jahr 2024 wird der A6 C8 durch seinen Nachfolger abgelöst, wobei der C9 dann als A7 vorfahren wird. Unter der Bezeichnung A6 wird es dagegen einen e-tron auf Basis der Porsche-Plattform PPE geben. Doch zurück zum noch aktuellen Modell. Vorgefahren ist der A6 als 50 TDI quattro mit 210 kW/286 PS und 3,0 Liter 6-Zylinder-Turbodiesel. Als Sport-Ausstattung kommt der A6 im feinen Sport-Dress daher. Besonders im Innenraum überzeugen erstklassige Sportsitze und feinste Verarbeitung sowie Materialien. Bei einem Testwagenpreis von 96.000 Euro darf dies jedoch auch erwartet werden.

Bedienung – Kleiner Audi ganz groß

Neben dem reinen Fahrgefühl, zudem wir gleich noch kommen, ist auch die möglichst ablenkungsfreie Bedienung von Grundfunktionen im Alltag wichtig. Gerade die Klimatisierung hat sowohl einen Komfort-, als auch Sicherheitsaspekt. Schließlich müssen die Scheiben frei und nicht beschlagen sein, um sicher fahren zu können. Folglich sollte die Gebläseeinstellung schnell und einfach zu verstellen sein. Als Fahrer ist es wichtig, die Defroster-Einstellung blind einstellen zu können, also ohne den Blick von der Straße nehmen zu müssen. Im Audi Q2 gibt es hierfür eine Taste, die sich blind ertasten lässt. Zudem lassen sich Gebläsestärke und Temperatur über feinfühlige Drehregler steuern, die metallisch anmuten und dank geriffelter Oberfläche ein gutes Feedback geben. Sehr gut gelöst, liebe Audianer!

Leider hat es diese hervorragend zu bedienende Klimaeinheit nicht in den fast doppelt so teuren Audi A6 geschafft. Im Konkurrenten zum BMW 5er Konkurrent wird die Klimatisierung via Touchscreen verstellt. Diese Art der Bedienung lenkt jedoch stark vom Fahrgeschehen ab. Schließlich ist ein berührungsempfindlicher Bildschirm eine plane Fläche, die man nicht blind erfühlen kann. Folglich muss man immer hinschauen, um zu sehen, wo man etwas verstellen kann. Zu allem Unglück ist der Klima-Touchscreen im A6 auch noch weit unten im Armaturenbrett verbaut, sodass der Kopf nach unten geneigt werden muss, um etwas zu sehen. Das ist zu sehr ablenkend vom Verkehrsgeschehen und ein Sicherheitsrisiko. Zumal durch den zweiten Touchscreen eine Ablagefläche verschwindet. Eine alternative Eingabemethode ist die Sprachsteuerung. Durch die Entscheidung, nur ein Mikrofon im Dachhimmel zu verbauen, ist die Verständlichkeit der Sprachsteuerung jedoch limitiert, sodass auch via Sprachbefehl kaum praktikabel die Klimatisierung verstellt werden kann. Sehr schade, warum Audi ein gut funktionierende Klimabedienung unbedingt gegen einen zu tief montierten Touchscreen tauschen musste, im Audi A6.

MMI im Wandel der Zeit

Im MIB 3 steckt ein Samsung-SoC. Durch einige hardwareseitige Anpassungen beherrschen Audis mit dem aktuellen Infotainmentsystem die Möglichkeit, Holoride auszuführen. In Verbindung mit einem VR-Headset und entsprechender Ausstattung des Audi können so Fondpassagiere in virtuelle Welten eintauchen. Durch die Vernetzung mit den realen Fahrdaten soll den Passagieren auf der Rücksitzbank nicht schlecht werden. Wenn etwa der Audi durch eine Kurve gefahren wird, so wird auch eine Kurve in der realen Welt angezeigt. Zudem gibt es seit Sommer 2023 die Option, Android-Apps aus einem Appstore von Harman herunterzuladen. Zum Testzeitpunkt war diese Integration noch nicht verfügbar. So modern MIB 3 auch ist, es gibt noch ein paar Bereiche, in denen Verbesserungspotenzial schlummert. Zwar zeigt die Startseite drei Kacheln an, doch die Individualisierung bleibt hinter den Möglichkeiten zurück, wie etwa das VW-System aufzeigt. Nur bei Volkswagen gibt es mehr Kacheln, die zudem Schaltflächen zum Schnellzugriff besitzen. Ein echtes Ärgernis ist bei Audi jedoch die Tatsache, dass die Tastatur zur Eingabe von Navi-Adressen während der Fahrt gesperrt ist. So möchte man den Fahrer schützen und dafür sorgen, dass dieser nicht abgelenkt wird während der Fahrt. Soweit, so gut. Doch wenn ein Beifahrer an Bord ist, wird diese Sperre ebenfalls nicht aufgehoben und die Sprachsteuerung ist nur durchschnittlich. Klassenprimus ist hingegen das Virtual Cockpit von Audi. Die mannigfaltigen Einstellungen erlauben, alle relevanten Informationen übersichtlich zu drapieren. Perfekt umgesetzt – mal wieder, Audi!

Noch unverständlicher wird es im Vergleich mit dem Vorgänger-MIB, der im Q2 verbaut ist. Zwar müssen Nutzer auf einen Touchscreen verzichten, doch dafür können Fahrer und Beifahrer auch während der Fahrt Naviziele eingeben. Mit dem Nachfolger hat man sich also in diesem Punkt zurückentwickelt. Der Dreh-Drück-Controller im Audi Q2 hat den Vorteil der blinden Bedienung. Allerdings stört der physische Drehknopf bei Apple Carplay und Android Auto. Wer die Smartphone-Koppelung intuitiv steuern möchte, sollte einen Touchscreen vor sich haben. Die nachträgliche Integration spürt man auch daran, dass sich beide Versionen nur via Kabel realisieren lassen, aber das Ablagefach unter der Mittelarmlehne für moderne Smartphones mit mehr als sechs Zoll Bildschirmdiagonale zu klein dimensioniert ist. Wie es besser geht, zeigt neben dem A6 auch der Ford Puma, der eine offene Ablagefläche für Smartphones offeriert. Mit einem kabellosen Android Auto und Apple Carplay kann jedoch auch das MIB 3 im Audi A6 nicht dienen. VW schafft dies hingegen im T-Cross, wie mein Alltagstest für Drwindows gezeigt hat.

Wie ein Audi Quattro

Wenn man an den Namen Audi denkt, fällt dem ein oder anderen mit Sicherheit der seelige Audi Quattro S1 ein, mit dem Walter Röhrl in der Rally-WM über Stock und Stein unterwegs war. Die Gruppe-B-Rennwagen waren regelrechte Monster, besaßen aber auch ein großes Turboloch. Auch ich musste unweigerlich an den Audi Quattro denken, als ich mit dem Audi A6 und Q2 unterwegs war. So besitzt der 96.000 Euro teure Testwagen A6 den Allradantrieb. Für gute Traktion ist also gesorgt. Erstaunlicherweise kommt die 286 PS starke 4,90 Meter lange Limousine jedoch kaum schnell vom Fleck. Der Audi A6 leidet unter einer Anfahrschwäche, die sich immer dann zeigt, wenn der Wagen noch kalt ist. Wie beim Ur-Quattro und dessen Turboloch ist Geduld und Drehzahl gefragt, damit es adäquat vorwärts geht. Leider sorgt eine erhöhte Drehzahl auch für mehr Verbrauch. Die Konkurrenz, etwa der BMW 530e, den ich für Euch fahren durfte, hat jedoch keine derartige Anfahrschwäche.

Dass die Anfahrschwäche bei Audi kein Einzelfall ist, beweist leider der Q2. Auch im kleinen Crossover geht es von der Ampel nur gemächlich los. Wer zügig vorankommen will, braucht auch hier Drehzahl. Wie es anders geht, beweist exemplarisch der Ford Puma mit seinem Mild-Hybrid-System. Es bleibt zu hoffen, dass Audi mit der nächsten Generation an Verbrennungsmotoren die Kurve bekommt. Schließlich sind selbst VW-Motoren nicht derart gemütlich ausgelegt, wie es die Vertreter aus Ingolstadt an den Tag legen. Ab dem Jahr 2024 rollen neue Motoren an den Start sowie der MIB 4. Für geplagte Kunden stehen Software-Updates der Motorsoftware parat, die jedoch nur teilweise Abhilfe schaffen. So ist es einfach eine Gewöhnungssache, wie man mit aktuellen Audis zügig anfahren kann. Walter Röhrl konnte schließlich auch mit dem Turboloch umgehen 😉

 

Generell fährt sich jedoch sowohl der rund 4,20 Meter kurze Q2 als auch der 4,90 Meter lange A6 hervorragend. Mit einer mitteilungsfreudigen Lenkung weiß man immer, wie das Fahrzeug reagieren wird. Das sportive Fahrwerk überzeugt und bietet einen guten Kompromiss aus sportlicher Härte und sanftem Abrollverhalten. Hier spürt man deutlich die Ingenieurskunst von Audi. Schließlich ist ein hartes Fahrwerk vergleichsweise kostengünstig, doch die richtige Balance zu finden, ist eine aufwendige Kunst. Besonderes Lob verdient sich die Hinterachslenkung im A6. Durch die Konstruktion können die Hinterräder je nach Geschwindigkeit gegenläufig oder parallel zu den Vorderrädern gestellt werden. So wird aus der langen Limousine ein wendiges Auto. Und ganz im Gegensatz zu Mercedes-Benz gibt es die Hinterachslenkung nicht im Abo, sondern ganz einfach per einmaliger Zahlung bei der Bestellung des Fahrzeugs.

Fazit

Der Audi Q2 reißt mit einem Testwagenpreis von 50.000 Euro ein großes Loch in die Haushaltskasse. Im Vergleich zu anderen Fahrzeugen seiner Klasse ist der aufgerufene Preis sehr hoch. Mit viel Design und einer tollen Bedienung sowie erstklassigen Sitzen weiß das kleine SUV auf T-Cross-Basis zu überzeugen. Doch genau da liegt der Haken. Denn der VW T-Cross kostet spürbar weniger, liefert dafür aber mehr Auto. So gibt es beim VW beispielsweise eine verschiebbare Rücksitzbank und Apple Carplay und Android Auto kabellos. Alleine diese zwei Features gibt es beim Q2 von Audi weder für Geld noch für gute Worte. Die Anfahrschwäche aktueller Audis mit Verbrennungsmotor erinnert zwar ans Turboloch im Audi Quattro, doch gibt es ein derart ausgeprägtes Verhalten nicht bei der Konkurrenz. So ist es eine Gewöhnungssache, wie man mit dem Audi Q2 und dem A6 umgeht. Zwar beherrscht MIB 3 im Audi A6 wesentlich mehr als das alte MMI im Q2, doch die Klimabedienung wurde verschlechtert. Im kommenden Jahr will Audi mit einer neuen Fahrzeuggeneration wiederkommen und dann mit vielen neuen Features überzeugen.

Über den Autor

Claus Ludewig

Claus Ludewig

Ich bin mit Windows 98 aufgewachsen und habe seitdem jede Windows- und Office-Version genutzt. Zum Entspannen dient die Xbox. Neben der engen Verbundenheit zu Microsoft-Produkten, schaue ich auch gerne mal über den Tellerrand hinaus in die weite Welt. Ich interessiere mich für alles, was vier Räder hat. In diesem Sinne nehme ich Euch gerne zu einer Spritztour mit.

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