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Bastelprojekt: Raspberry Pi, NexDock und Windows On ARM – es hätte ja klappen können

Bastelprojekt: Raspberry Pi, NexDock und Windows On ARM - es hätte ja klappen können

Manchmal nimmt man sich etwas vor, bereitet sich vor, arbeitet darauf hin, um schließlich zu merken, dass das Ganze wohl doch keine so gute Idee war. Jap, so erging es mir bei diesem Bastelprojekt von uns.

Zurück auf Anfang. Martin war so lieb und schickte mir ein neues „Maker-Spielzeugpaket” ins tiefe Bayern. Neben einem Raspberry Pi 4 waren auch ein wirklich schönes NexDock und Socken, ja Microsoft Developer Socken, dabei. Die Idee war, dass ich als Erstes diese neue Hardware nutze, um einmal auszuprobieren, wie Windows On ARM auch ohne ein reales Gerät von Samsung oder Microsoft läuft. Der Raspberry Pi 4 mit seinen vier Gigabyte Arbeitsspeicher und das NexDock als „Laptop“ wirkten hier als die ideale Kombination. Da es für mich bei unseren Bastelprojekten immer wichtig ist, dass es Viele nachmachen können, war natürlich auch ein normales Desktop-Setup mit externem Bildschirm, Maus und Tastatur am Start.

Komponenten

NexDock

Beginnen wir mit dem NexDock, ein Laptop ohne Computer sozusagen. Es scheint vor allem für Android Smartphones mit Desktops gedacht zu sein. So kann das NexDock beispielsweise mit Samsungs DeX , LGs Desktop Mode oder Huawais Easy Projection zum Leben erweckt werden. Siehe dazu auch Martins Bericht: NexDock v2: Die zweite Generation macht alles besser.

NextDock Abbildung mit DeX

Für unseren Anwendungsfall beschränkte ich mich auf die Verbindung zwischen NexDock und Raspberry Pi. Als großer Pluspunkt ist hier zu werten, dass zwar etliches an Kabelei benötigt wird, jedoch der Einplatinenrechner direkt vom NexDock auch mit Strom versorgt wird. Mit Raspbian, dem Standardbetriebssystem eines Raspberry Pi, waren keine zusätzlichen Treiber nötig und alles verlief für Linux ungewohnt problemfrei.

Raspberry Pi 4

Wie erwähnt fehlt unserem Laptop das Computerteil. Diese Lücke füllt der kleine und mittlerweile weltbekannte Einplatinenrechner Raspberry Pi. Martin schickte mir hier liebenswürdigerweise die modernste Ausführung zu, nämlich den Raspberry Pi 4 mit vier Gigabyte Arbeitsspeicher.

Ungewohnt für mich waren erst einmal die neuen Anschlüsse des Pi. So gibt es statt einem “normalgroßen” HDMI-Port nun Micro HDMI-Anschlüsse und  statt einem Micro USB Anschluss zur Stromversorgung nun ebenfalls USB-C. Zum Glück waren beim NexDock die entsprechenden Adapter dabei, ansonsten wäre mein Bastelprojekt schon zu Ende gewesen.

Windows On ARM

Der eigentliche Star dieses Bastelprojektes sollte Windows on ARM werden. Das nun schon seit geraumer Zeit auf dem Markt befindliche Betriebssystem aus Redmond schaut auf den ersten Blick identisch zum „normalen“ Windows 10 aus und auf entsprechenden Geräten soll es sich auch genauso anfühlen wie der große Bruder.

Es ist selbstverständlich nicht zu verwechseln mit dem auch auf Dr. Windows bereits besprochenen Windows 10 IoT Core, welches, wie der Name bereits sagt, auf Internet-Of-Things Geräten zum Einsatz kommt und weder über einen Desktop noch über andere Windows 10 Funktionalitäten verfügt.

Im Gegensatz zu Windows 10 IoT Core lassen sich Windows On ARM (WoA) Rechner im Handel erwerben. Speerspitze hierbei bildet das von Microsoft stammende Surface Pro X, aber auch das Samsung Galaxy Book S machte in unserem Test eine sehr gute Figur.

Es hätte ja auch alles funktionieren können

Wir sind mit unseren Bastelprojekten hier bei Dr. Windows bislang vom Erfolg verwöhnt. Alles, was wir uns bisher so angeschaut haben, hatte am Ende einen zufriedenstellenden Stand, aber Ausnahmen bestätigen bekanntermaßen die Regel. Bei kaum einem anderen Projekt hatte ich so viele „ach ok, Mist!“-Momente wie hier.

Hierbei muss man offen sagen: Wäre ich etwas realistischer an die Sache heran gegangen und nicht mit einer Naivität, die ich jedoch wirklich bei solchen Projekten schätze, hätte ich mir wohl das eine oder andere graue Haar ersparen können.

NexDock

Anders als bei Verbindungen zwischen Smartphones und NexDock sind, um ein Pi out-of-the-box betreiben zu können, drei Kabel und zwei Adapter notwendig. Zum Glück waren alle in der Produktverpackung beigelegt, jedoch hielten vor allem die HDMI-Adapter nicht wirklich lange und zerfielen in ihre Einzelteile.

Leider ließ sich das NexDock außerdem zum Schluss nicht mehr laden. Zwar ist ein Netzbetrieb weiterhin möglich, der “Laptop”-Faktor ist damit jedoch nicht mehr gegeben. Haltbarkeit scheint wahrhaftig keine große Stärke des NexDock zu sein.

Raspberry Pi

Vor allem hier hätte es mir sehr geholfen, mehr auf die graue Realität zu achten. In meinen Augen würde ein moderner Raspberry Pi mit vier oder mehr Gigabyte an flüchtigem Speicher ein idealer Windows On ARM Kleinstrechner sein.

Mehr Recherche hätte schon vor dem Test die Erkenntnis gebracht, dass seit Erscheinen der Tutorials und Tests Windows On ARM nicht ohne große Frickelei und auch dann nur sehr eingeschränkt auf dem neuen Raspberry Pi 4 läuft. Zum Glück hatte ich hier noch einen Raspberry Pi Model B herumliegen, welcher dann zur Verwendung kam. Dieser ist hinsichtlich der Leistung allerdings kein Vergleich zum Raspberry Pi 4. Mehr als ein Gigabyte Arbeitsspeicher scheinen jedoch auf keinem der Einplatinenrechner nutzbar zu sein.

Windows On ARM

Eines vorweg: Die Version für den Raspberry Pi von Windows On ARM ist keine offiziell von Microsoft angebotene Version des Betriebssystems. Dies bedeutet, dass es auf Community-Arbeit beruht und trotz aller Open Source natürlich hier eine große Chance auf Schabernack in Sachen Privacy und Co. besteht. Des Weiteren scheint nur eine etwas abgehangene Version von Windows auf dem Pi lauffähig zu sein.

Viel darf man trotz aller Open Source und Community-Enthusiasmus nicht von der Windows-Variante für den Raspberry Pi erwarten. Weder Grafikbeschleunigung noch Wifi oder Bluetooth-Chip werden erkannt.

Dennoch, es bootet!

Trotz all dem Frust bleibt ein kleiner Erfolg: Windows on ARM bootet. Es zeigt einen Desktop an und mit etwas Geduld auch den Explorer. Das ist ein großartiger Erfolg für alle beteiligten Open Source Projekte. Chapeau an alle Beteiligten, auch wenn der Nutzwert letztlich gering ist.

Tipps zur heise.de Anleitung

Ich habe mich für meine Bastelei an der gut beschriebenen Anleitung von heise.de entlang gehangelt,  also Images und Skripte von uupdump.ml verwendet und diese anschließend via WOA Deployer auf eine SD-Karte geschoben.

Da seit der Erstellung des Tutorials etliches an Zeit vergangen ist, stieß ich auf den ein oder anderen Punkt, der mir etwas Kopfzerbrechen bereitet hat.

WOA Deployer für Windows On ARM für Raspberry Pi

Nachfolgend meine Erfahrungswerte, falls ihr es selbst ausprobieren möchtet:

  • Nutzt einen Raspberry Pi 3
  • Nutzt ein externes Netzteil anstatt der Stromversorgung via USB
  • Achtet peinlichst auf die Windows on ARM Version des Images
  • Es ist egal, ob ihr Windows Home oder Pro auswählt
  • Startet den WOA Deployer vom Installationsverzeichnis und nicht via Startmenü
  • Startet den WOA Deployer als Administrator
  • Ja, der Deployer braucht wirklich so lange, um die SD-Karte zu beschreiben
  • Ja, wenn der Deployer fertig ist, steht dennoch noch “Injecting driver” in der Statusleiste
  • Ja, der erste WOA Start kann wirklich über eine Stunde dauern
  • Ja, ein Klick kann Minuten dauern, bis man ihn an der Oberfläche sieht

Ergo, alle Komponenten sind großartig, das Ergebnis ist es nicht

Das NexDock ist eine tolle Sache für DeX, Raspbian und Co, der Raspberry Pi ist eine super Sache für allerhand Basteleien und Windows On ARM bietet Funktionen, welche Viele nicht mehr missen möchten, zum Beispiel Always Connected.

Zumindest in meinem Experiment hat die Kombination all dieser an sich gut funktionierenden Komponenten jedoch zu einem nicht wirklich erstrebenswerten Gesamtresultat geführt.

Mir ist bewusst, dass es noch weitere Möglichkeiten gibt, die Performance von Windows On ARM auf einem Raspberry Pi zu steigern. Beispielsweise mit Network Boot, selbst Treiber injecten und so weiter. Ich muss ehrlich gestehen, dass geht dann für mich über ein frohes, kleines Bastelprojekt weit hinaus. Außerdem würden wir dann unser Motto “Spaß beim Nachbasteln” aus den Augen verlieren.

Nichtsdestotrotz ist hier noch nicht Schluss. Falls es mich in Zukunft nochmal packen sollte, dann werde ich für mich selbst im Kämmerlein eben doch den Weg mit Treiber patchen und Co. gehen. Schließlich muss es ja irgendwie klappen.

Frage die Community

Ist es euch gelungen, ein WoA flott auf einem Raspberry Pi zu installieren? Wie findet ihr generell die Idee, ein „richtiges“ Windows auf diesem Einplatinenrechner zu haben? Sollte Microsoft wie für Windows 10 IoT Core von sich aus ein Image anbieten? Schreibt mir eure Meinung in die Kommentare. Ich freue mich!

Über den Autor

Tobias Scholze

Tobias Scholze

Bayrischer Open Source- und Community-Enthusiast, Verfechter des neuen Microsoft und Wandler zwischen den Betriebssystemwelten. #communityrocks Von Herzen ein Nerd mit der festen Überzeugung, dass man gemeinsam und durch den Einsatz von moderner IT die Welt für jeden ein Stückchen besser machen kann.

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